„Down under under Water“ – Auch das steht beim Red Bull Air Race 2010 auf dem Kalender. Vor dem zweiten Saisonrennen im australischen Perth erhielten die Piloten mit einem speziellen Sicherheitstraining die Gelegenheit, den Notausstieg unter Wasser zu traineren.
Das sogenannte „Emergency Response and Safety Training“ für einen Notfall, den es – gottseidank – noch nie bei einem Red Bull Air Race gegeben hat, beinhaltete Rettungs- und Ausstiegsmaßnahmen unter Wasser und sollte die Piloten auf den „größten anzunehmenden Ernstfall“ vorbereiten – nach einer Wasserlandung im Flugzeug eingeschlossen zu sein.
„Ein solches Sicherheitstraining ist wirklich notwendig“, sagte der Tscheche Martin Sonka, auch wenn in der sechsjährigen Geschichte des Rennens bisher kein Pilot auch nur ansatzweise in die Nähe einer Wasserlandung kam. „Es ist eine Sache, im Notfall aus einem Flugzeug auszusteigen. Aber es ist etwas komplett anderes, wenn man sich im Wasser befindet und womöglich sogar kopfüber. Unter Wasser eingeschlossen zu sein, und dazu noch angeschnallt – das ist eine absolut neue Situation für uns. Umso wichtiger ist dieses Training, um in einem solchen Fall ruhig zu bleiben und weiterhin klar zu denken.“
Mit Sonka stimmt auch der Amerikaner Michael Goulian überein, der neben dem Training für den „Ernstfall“ vor allem wichtig findet, wie man am besten mit der aufkommenden Panik umgeht. „Was einem wirklich Angst macht ist, wenn man auf dem Kopf steht und nicht erkennen kann was passiert“, so Goulian. „Im Flugzeug sind wir daran gewöhnt, auf dem Kopf zu stehen – allerdings befinden wir uns dabei auch nicht im Wasser. Und wenn dann das Wasser hereinströmt und man kaum etwas sehen kann – das ist der Augenblick, in dem man gerne in Panik verfallen würde. Aber gerade dann geht es darum, den Weg nach draußen zu finden, checken, wo das Fenster ist und wie man am schnellsten rauskommt.“
Goulian, der froh über die Möglichkeit war, diese Extremsituation zu simulieren und zu trainieren, wie man zum Beispiel an die Sauerstoffflasche gelangt, erklärte, dass es für ihn am anstrengendsten war, dass sein Sitz auf dem Kopf stand. Und dass es für ihn beruhigend zu wissen war, dass bei jedem Red Bull Air Race-Training und jeder Rennsession trainierte Taucherteams für eventuelle Rettungseinsätze vor Ort sind und direkt eingreifen können. „Am schlimmsten ist es, wenn das Flugzeug auf dem Kopf liegt. Das Sicherheitstraining ist die beste Vorbereitung, die wir je erhalten haben. Die Anschnallgurte sind ähnlich. Es ist gut, dass die Sauerstoffflaschen dabei zum Einsatz kommen. Und es ist beruhigend zu wissen, dass die Taucher in der Nähe sind. All das gibt uns eine Menge Vertrauen.“
Eine interessante Erfahrung war das Unterwassertraining auch für den Kanadier Pete McLeod. Seine wichtigste Erkenntnis – für den Piloten ist es in einer solchen Situation am wichtigsten, Ruhe zu bewahren. „In diesem Augenblick geht soviel vor sich. Allein der Aufprall auf das Wasser ist unglaublich hart. Daher ist es wirklich gut zu wissen, wie man sich verhalten soll. Aber am wichtigsten ist es, Ruhe zu bewahren.“
Der Australier Matt Hall, früherer RAAF-Kampfpilot, hat während seiner Militärkarriere bereits einige ähnliche Trainingseinheiten absolviert und hält diese für absolut wichtig. „Solche Notfallsituationen zu trainieren bevor es wirklich einmal zum Ernstfall kommt, macht absolut Sinn. Es gibt einem Selbstvertrauen und man weiß, was man zu tun hat. Auf dem Kopf stehen ist das eine. Aber wenn gleichzeitig Wasser in die Nase läuft, ist das doch etwas völlig anderes.“
Auch Matthias Dolderer schloss sich den Meinungen der anderen Piloten an. Für den Deutschen war das Training und der Umgang mit den Sauerstoffflaschen wichtig, die alle Piloten im Flugzeug haben. „Wir mussten trainieren, an die Flaschen heranzukommen und sie zu benutzen“, so Dolderer. „Es war das erste Mal, dass ich das unter realen Bedingungen ausprobiert habe. Dafür hat es ganz gut geklappt, aber in einem Notfall ist es sicher noch etwas ganz anders. Es ist auf jeden Fall wichtig, solche Notfallsituationen zu testen und sich darauf vorzubereiten. Das kann möglicherweise lebensnotwendig sein.“
Das Red Bull Air Race wird unter strengsten Sicherheitsregeln durchgeführt und berücksichtigt dabei erdenklichen Sicherheitsaspekte, die bei einem Rennen notwendig werden können. Auch für Alejandro Maclean aus Spanien ist es wichtig, die entsprechenden Maßnahmen bei Not-Wasserungen zu beherrschen – auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass ein solcher Notfall eintritt. „Man ist kopfüber und völlig desorientiert, gleichzeitig muss man nach der Sauerstoffflasche greifen, atmen und handeln. Ich schätze es wäre hart, wenn einer von uns wirklich einmal einen Unfall im Wasser hätte. Und das realisiert man erst in einem solchen Sicherheitstraining. Wir alle denken ab und zu einmal an den ‚Ernstfall’. Und das müssen wir auch. Nicht, weil wir Pessimisten sind. Man muss so etwas immer auf der Rechnung haben, weil man permanent über die nächsten Schritte nachdenkt.“