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„Down under“ – Unterwasser-Sicherheitstraining

„Down under under Water“ – Auch das steht beim Red Bull Air Race 2010 auf dem Kalender. Vor dem zweiten Saisonrennen im australischen Perth erhielten die Piloten mit einem speziellen Sicherheitstraining die Gelegenheit, den Notausstieg unter Wasser zu traineren.

PERTH, AUSTRALIA - APRIL 12: Red Bull Air Race Pilots participate in underwater crash survival training at ERGT training facilities on April 12, 2010 in Perth, Australia. Das sogenannte „Emergency Response and Safety Training“ für einen Notfall, den es – gottseidank – noch nie bei einem Red Bull Air Race gegeben hat, beinhaltete Rettungs- und Ausstiegsmaßnahmen unter Wasser und sollte die Piloten auf den „größten anzunehmenden Ernstfall“ vorbereiten – nach einer Wasserlandung im Flugzeug eingeschlossen zu sein.

„Ein solches Sicherheitstraining ist wirklich notwendig“, sagte der Tscheche Martin Sonka, auch wenn in der sechsjährigen Geschichte des Rennens bisher kein Pilot auch nur ansatzweise in die Nähe einer Wasserlandung kam. „Es ist eine Sache, im Notfall aus einem Flugzeug auszusteigen. Aber es ist etwas komplett anderes, wenn man sich im Wasser befindet und womöglich sogar kopfüber. Unter Wasser eingeschlossen zu sein, und dazu noch angeschnallt – das ist eine absolut neue Situation für uns. Umso wichtiger ist dieses Training, um in einem solchen Fall ruhig zu bleiben und weiterhin klar zu denken.“

Mit Sonka stimmt auch der Amerikaner Michael Goulian überein, der neben dem Training für den „Ernstfall“ vor allem wichtig findet, wie man am besten mit der aufkommenden Panik umgeht. „Was einem wirklich Angst macht ist, wenn man auf dem Kopf steht und nicht erkennen kann was passiert“, so Goulian. „Im Flugzeug sind wir daran gewöhnt, auf dem Kopf zu stehen – allerdings befinden wir uns dabei auch nicht im Wasser. Und wenn dann das Wasser hereinströmt und man kaum etwas sehen kann – das ist der Augenblick, in dem man gerne in Panik verfallen würde. Aber gerade dann geht es darum, den Weg nach draußen zu finden, checken, wo das Fenster ist und wie man am schnellsten rauskommt.“

PERTH, AUSTRALIA - APRIL 12: Red Bull Air Race Pilots participate in underwater crash survival training at ERGT training facilities on April 12, 2010 in Perth, Australia. Goulian, der froh über die Möglichkeit war, diese Extremsituation zu simulieren und zu trainieren, wie man zum Beispiel an die Sauerstoffflasche gelangt, erklärte, dass es für ihn am anstrengendsten war, dass sein Sitz auf dem Kopf stand. Und dass es für ihn beruhigend zu wissen war, dass bei jedem Red Bull Air Race-Training und jeder Rennsession trainierte Taucherteams für eventuelle Rettungseinsätze vor Ort sind und direkt eingreifen können. „Am schlimmsten ist es, wenn das Flugzeug auf dem Kopf liegt. Das Sicherheitstraining ist die beste Vorbereitung, die wir je erhalten haben. Die Anschnallgurte sind ähnlich. Es ist gut, dass die Sauerstoffflaschen dabei zum Einsatz kommen. Und es ist beruhigend zu wissen, dass die Taucher in der Nähe sind. All das gibt uns eine Menge Vertrauen.“

Eine interessante Erfahrung war das Unterwassertraining auch für den Kanadier Pete McLeod. Seine wichtigste Erkenntnis – für den Piloten ist es in einer solchen Situation am wichtigsten, Ruhe zu bewahren. „In diesem Augenblick geht soviel vor sich. Allein der Aufprall auf das Wasser ist unglaublich hart. Daher ist es wirklich gut zu wissen, wie man sich verhalten soll. Aber am wichtigsten ist es, Ruhe zu bewahren.“

Der Australier Matt Hall, früherer RAAF-Kampfpilot, hat während seiner Militärkarriere bereits einige ähnliche Trainingseinheiten absolviert und hält diese für absolut wichtig. „Solche Notfallsituationen zu trainieren bevor es wirklich einmal zum Ernstfall kommt, macht absolut Sinn. Es gibt einem Selbstvertrauen und man weiß, was man zu tun hat. Auf dem Kopf stehen ist das eine. Aber wenn gleichzeitig Wasser in die Nase läuft, ist das doch etwas völlig anderes.“

PERTH, AUSTRALIA - APRIL 12: Red Bull Air Race Pilots participate in underwater crash survival training at ERGT training facilities on April 12, 2010 in Perth, Australia. Auch Matthias Dolderer schloss sich den Meinungen der anderen Piloten an. Für den Deutschen war das Training und der Umgang mit den Sauerstoffflaschen wichtig, die alle Piloten im Flugzeug haben. „Wir mussten trainieren, an die Flaschen heranzukommen und sie zu benutzen“, so Dolderer. „Es war das erste Mal, dass ich das unter realen Bedingungen ausprobiert habe. Dafür hat es ganz gut geklappt, aber in einem Notfall ist es sicher noch etwas ganz anders. Es ist auf jeden Fall wichtig, solche Notfallsituationen zu testen und sich darauf vorzubereiten. Das kann möglicherweise lebensnotwendig sein.“

Das Red Bull Air Race wird unter strengsten Sicherheitsregeln durchgeführt und berücksichtigt dabei erdenklichen Sicherheitsaspekte, die bei einem Rennen notwendig werden können. Auch für Alejandro Maclean aus Spanien ist es wichtig, die entsprechenden Maßnahmen bei Not-Wasserungen zu beherrschen – auch wenn es unwahrscheinlich ist, dass ein solcher Notfall eintritt. „Man ist kopfüber und völlig desorientiert, gleichzeitig muss man nach der Sauerstoffflasche greifen, atmen und handeln. Ich schätze es wäre hart, wenn einer von uns wirklich einmal einen Unfall im Wasser hätte. Und das realisiert man erst in einem solchen Sicherheitstraining. Wir alle denken ab und zu einmal an den ‚Ernstfall’. Und das müssen wir auch. Nicht, weil wir Pessimisten sind. Man muss so etwas immer auf der Rechnung haben, weil man permanent über die nächsten Schritte nachdenkt.“

Unglaublicher Lernprozess für die beiden Neuzugänge beim Red Bull Air Race

Während das zweite Rennen der Red Bull Air Race-Weltmeisterschaft 2010 in der westaustralischen Metropole Perth am 17./18. April seinen Schatten bereits voraus wirft, sind die beiden Rookies dieser Saison noch dabei, ihre Leistungen beim Auftaktrennen in Abu Dhabi sorgfältig zu analysieren und zu bewerten. Der Tscheche Martin Sonka und der Brasilianer Adilson Kindlemann erlebten Ende März in der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate so etwas wie ihre „Feuertaufe“. Schwierigste Bedingungen mit drückend heißen Temperaturen und ständig wechselnden Winden im Parcours hatten allgemein zu unerwarteten und überraschenden Resultaten geführt.

Während Weltmeister und Titelverteidiger Paul Bonhomme ganz gelassen wieder auf die oberste Stufe des Siegerpodest flog, blieben zahlreiche andere Piloten von Disqualifikationen und Strafzeiten nicht verschont. Das wiederum eröffnete anderen, nicht unbedingt als Favoriten gehandelten Teams die Möglichkeit, wertvolle WM-Punkte im ersten Rennen der Saison 2010 zu holen.

FÜR SONKA WURDE EIN TRAUM WIRKLICHKEIT

Sonka, ein früherer Düsenjet-Pilot bei der Luftwaffe, blieb zwar im Lauf seiner Premieren-Rennwoche relativ gelassen. Doch je näher das Rennen rückte, umso nervöser wurde Sonka. „Mit der Super Licence ist für mich ein Traum wahr geworden“, sagte der fast 1,90 m (6ft) hochaufgeschossene Tscheche. „Ich kam erstmals als Kommentator für eine lokale TV-Station in Kontakt mit dem Red Bull Air Race, wusste also schon, dass ich mich qualifizieren muss, um teilzunehmen. Trotzdem war im Vorfeld zum ersten Rennen alles schon ein wenig verrückt. Wir mussten vor dem Rennen in Abu Dhabi so viel vorzubereiten und es war wirklich hart, alles rechtzeitig fertig zu bekommen. Aber jetzt bin ich richtig froh, dass ich an den Rennen teilnehmen kann. Es ist eine wirklich atemberaubende Erfahrung und ich genieße sie voll und ganz. Rennpilot zu werden war schon immer mein Traum.“

Und Sonkas Debüt war viel versprechend, mit seinem geschmeidigen und präzisen Flugstil beeindruckte der die Kollegen. Probleme bei der richtigen Einschätzung der wechselnden Winde im Parcours während des Wild Card-Rennens führten jedoch dazu, dass er ausschied und in Abu Dhabi keine WM-Punkt sammeln konnte.

„Das Red Bull Air Race ist etwas völlig anderes als alles, was ich bisher erlebt habe. Man muss einfach an alles denken“, ergänzt Sonka. „Man muss nicht nur den Wind auf der Rechnung haben, sondern auch jede Kurve und jedes Manöver genau planen, weil man überall Zeit verlieren kann. Man beschäftigt sich tagelang mit dem Parcours und dann ist man während der Qualifikation gerade einmal 1:20 Minuten auf der Strecke. Da kommt es ganz entscheidend auf eine gute Intuition an, denn im Parcours hat man nicht die Zeit, lange über alles nachzudenken. Man muss vorbereitet sein, auch darauf, die Pläne kurzfristig zu ändern, wenn der Wind plötzlich wechselt. Man muss flexibel sein und auch jederzeit bereit, sich auf neue Situationen einzulassen. Als Rookie gibt es für mich noch viel zu lernen.“

Mit der Entscheidung für seine neue Edge 540 ist Sonka sehr zufrieden. „Das Flugzeug ist fantastisch, einfach klasse. Es liegt nur ganz wenig über dem Minimalgewicht, das müssen wir noch reduzieren. Meine Hauptziele im Augenblick sind, das Flugzeug so gut wie möglich vorzubereiten, das Gewicht auf ein Minimum zu reduzieren und sicher zu fliegen. Je mehr Erfahrung ich sammele, umso konkurrenzfähiger bin ich dann bei den nächsten Rennen.“

AUCH KINDLEMANN OPTIMISTISCH

Der Brasilianer Adilson Kindlemann nahm seinen 14. Platz im Endklassement von Abu Dhabi relativ locker. Mit seinem langsamen und schrittweisen Vorgehen liege er im Plan: „Ich bin motiviert, zufrieden mit den Ergebnissen und freue mich über den Fortschritt, den ich bei jedem Flug mache“, erklärte der dynamische Pilot vom Team Petrobras, der seine erste Begegnung mit dem Red Bull Air Race beim Rennen in Rio de Janeiro 2007 gemacht hatte. „Ich habe keine große Fehler gemacht, allerdings einige Pylone touchiert – so ist das Leben. Aber insgesamt bin ich mit der Situation ganz gut zurecht gekommen. Also warten wir mal ab, wie es für mich in Perth läuft.“

Der lebhafte Brasilianer erhielt in Abu Dhabi einige Strafpunkte, ist aber nicht beunruhigt, dass ihm das in seiner Premieren-Saison noch häufiger passieren wird. Mit seiner markanten, gelbgrünen MXS-R vom Team Petrobras hofft Kindlemann auf etwas ruhigere Bedingungen im Parcours von Perth. Außerdem hat er in der Zwischenzeit die „alten Hasen“ gründlich studiert und versucht, sich dabei einige Flug- und Technik-Tipps abzuschauen.

„Schon als Kind habe ich vom Fliegen geträumt und jetzt ist es mein Leben“, erklärt Kindlemann. „Manchmal gibt es halt Enttäuschungen und man macht Fehler, aber man muss immer vorwärts blicken. 2007 in Rio habe ich gespürt, dass das der Weg ist, den ich einschlagen will. Es war so ein völlig anderer Zweig des Flugsports. Aber er funktioniert und ist wirklich professionell. Daher habe ich auch keinen Blick zurück verschwendet und mich voll und ganz darauf konzentriert, Red Bull Air Race-Pilot zu werden.“